Montag, 7. Dezember 2009

na was wohl....

Auto verkauft!!!

Zwar zu einem schlechten Preis, aber immerhin. Kein Grübeln mehr, abgehakt. Jetzt noch ein Abend, und morgen geht's heim. 04:30 holt mich das Taxi ab.

Ich freu mich heimzukommen!

Danke Euch für das regelmäßige Lesen - ab jetzt wird wieder erzählt!

Nos vemos!

Karsten

Donnerstag, 3. Dezember 2009

"Karsten, hier sind wir die Neger!"

Samstag abend, 21:07 – ich liege mit meinem Rum vorm Fernseher und schaue „Out of Africa“ mit Robert Redford und Meryl Streep. Plötzlich klopft es an die Tür und ich vernehme Matthias lautstarke Stimme. Der war den Tag über mit Sarah unterwegs gewesen, der Amerikanerin, die wir beim letzten Lauftreff kennen gelernt hatten. Tat ihm wohl nicht so gut, denn er meinte, wir müssten unbedingt nach San Judas fahren und dort ein Bier trinken. Ich ließ mich überreden, dachte aber nur: „Was mach ich da???“ Wo alle bei rot über die Ampel fahren und niemand im Dunkeln auf der Straße ist möchte Matthias ein Bier trinken gehen? Wo auf fahrende Autos mit Steinen geworfen wird, um die Verletzten dann auszurauben…na gut, auf ein Bier in die Hölle!
Wir fuhren durch dunkle Seitenstraßen, hielten an, gingen an eine „Kneipe“ am Straßenrand – und sofort waren wir im Fokus unzähliger Männer, die murmelten und uns Dinge zuriefen. Aber es gab kein Bier. Puhhh…so waren wir nach 2 Minuten wieder weg und fuhren in eine „sicherere“ Gegend. Dort war es ganz nett, allerdings kamen dauernd Leute an und schüttelten uns die Hände, boten uns Dinge an und erzählten uns Geschichten. Einer fragte uns, ob wir Tschetschenen seien. Ich verstand es erst nicht, aber Matthias berichtete, dass die UN das Land Nicaragua als Diktatur eingestuft hatte. Nur 12 Länder hatten sich dagegen ausgesprochen, unter anderem auch Russland…daher wohl der Bezug der Nicas zu Tschetschenien. Naja, trotz intensiver Beobachtung (Kommentar Matthias: “Karsten, hier sind wir die Neger!“) war es ganz nett und ich ging zufrieden ins Bett.

Am nächsten Morgen ging es mit einer achten Klasse auf Klassenfahrt nach Ometepe, der weltweit größten vulkanischen Insel in einem Süßwassersee. Es gibt dort zwei Vulkane, Conception und Maderas. Der Conception ist 1610m hoch und brach 2005 zum letzten Mal aus. Ometepe liegt im Nicaraguasee, dem größten See Mittelamerikas und dem zehntgrößten Süßwassersee weltweit. Es gibt hier Sägefische und sogar die einzigen Süßwasserhaie weltweit - vermutlich weil der See vor langer Zeit bei einem Vulkanausbruch vom Pazifik abgeschnitten wurde.


Um es kurz zu machen: Am ersten Tag war ich genervt, weil meine Kollegin, die die Fahrt organisiert hatte, 5 Minuten nach dem vereinbarten Abfahrtstermin erst in der Schule ankam, weil sie ihre Nichte noch eingeladen hatte und wir somit zu wenig Platz im Bus hatten, weil ich mir mit einem Vater und seiner kleinen Tochter ein Zimmer teilen musste, weil unser Zimmer das schlechteste war, weil meine Kollegin erst meine Gründe für die Kündigung hören wollte und diese dann abwiegelte, weil ich bei der Planung der Fahrt absolut außen vor gelassen worden war und somit von nichts Ahnung hatte und weil ich vor allem keine Lust auf die Klasse hatte, da ich nur acht der Schülerinnen und Schüler im Deutschunterricht habe, die anderen kannte ich nicht. Zwar gab es keine Chantals und Jaquelines, dafür aber Naomi, Camille und America – auch nicht gerade einfach zu händeln. Aber ich merkte schnell, dass diese Fahrt deutlich entspannter werden sollte, als meine deutschen Klassenfahrten. Das heißt nicht, dass ich sie schöner fand als meine Norderney-Fahrten mit dem EKG Lemgo!

Wir ließen die Schüler unbeaufsichtigt schwimmen, sie hatten Handys, Nintendos und MP3-Player dabei, somit waren sie viel beschäftigt. Auch die in Deutschland übliche Verwunderung blieb hier aus. Dass die Kinder schon um 6:15 morgens Cola trinken und Chips essen kann mich nicht mehr schocken, schließlich wusste ich von meinen Frühaufsichten, dass sie das meist schon machen, wenn sie aus dem Schulbus steigen.
Auch nachts kümmerten wir uns nicht um die Schüler – erste Nacht 21:30, zweite 22:20 im Bett – alles unvorstellbar bei einer Klassenfahrt in Deutschland!!!


Nachdem es am ersten Tag nur noch einen kurzen Spaziergang gab, machten wir uns am nächsten Morgen mit dem Kleinbus auf Tour. Allerdings eine Stunde später als geplant, da die Frühstückszeit nach der geplanten Abfahrtszeit lag. Typisch.
Wir fuhren fast zwei Stunden mit dem Bus, um dann in den nächsten fünf Stunden eine Wanderung zu einem Wasserfall und zurück zu machen – eine wirklich anspruchsvolle Wanderung über Bäche, Felsen und Baumstämme. Mir hat es sehr gut gefallen und ich muss ausdrücklich an dieser Stelle die Schüler loben, denn alle schafften den Weg nach oben und auch auf dem Rückweg gab es außer einer Kreislaufschwäche keine größeren Schäden.


Wir legten auf dem Rückweg noch einen Zwischenstopp am „Ojo de Agua“ ein, einer Quelle inmitten eines Waldes. Mein Zimmerkollege meinte: „Ist das nicht wunderschön, Herr Bornemann?“ Kurz überlegen: Schwimmbadgröße, einbetoniert, mit Rohren durchzogen, Boden mit Folie ausgelegt…ähh…naja…ich bin da vielleicht durch meine Ungarnexkursion ein wenig verwöhnt…
Vater: „Nee, können sie ruhig sagen, das ist doch mal wieder nix hier. Das darf man nur den Nicas nicht sagen, sonst sind die beleidigt…“ Mehr dazu mal später.

Am dritten Tag war bis elf Uhr Freizeit, danach ging es für 10 Minuten (!) in ein Museum, wo Geld der letzten Jahrzehnte sowie Tongefäße der letzten Jahrhunderte ausgestellt waren. Naja, 10 Minuten reichten auch, und die Fähre erreichten wir auch nur so gerade.
Insgesamt muss ich aber sagen, dass es weniger schlimm als befürchtet war. Und so war immerhin mal auf Ometepe – wer von euch kann das schon von sich behaupten???


Das war wohl der zweitletzte Eintrag. Drückt mir die Daumen, dass ich im letzten doch noch von meinem verkauften Auto berichten kann – bisher sieht es nicht gut aus. Des Weiteren hoffe ich, ihr habt eine stimmungsvollere Adventszeit als ich. Hier gibt es kitschigen Schmuck in Unmengen, z.B. 4 Rentiere bei uns am Tor, Lichterketten entlang der Dächer und natürlich ganz viel Plastiktanne. Irgendwie total deplatziert. Warum muss das so sein, warum wird alles aus den USA übernommen? Können die nicht ihre eigenen Traditionen leben, oder zumindest welche, die in ihr Klima passen???

5 Tage noch.

Samstag, 21. November 2009

Es kommt die Zeit, in der das Wünschen wieder hilft...


17 Tage Nicaragua noch, aber ihr wisst ja, wie das ist. Je näher das Ziel kommt, desto langsamer scheint die Zeit zu vergehen. Wenn ich mein Auto schon verkauft hätte, würde ich am liebsten sofort fahren. Warum?
Das Auswärtige Amt hat Mitte der Woche eine Email mit einer Warnung verschickt, da sich die Sicherheitslage in Managua gerade verschärft - passt ja zu meinem Erlebnis der letzten Woche. Viele Leute werden an diesem Wochenende ihr Haus nicht verlassen, auch dafür gibt es gute Gründe: Ihr erinnert euch an die beschriebene Verfassungsänderung? Heute finden in der "Stadt" zwei Demonstrationen statt. Zum einen demonstriert die eine Gruppe gegen die unrechtmäßige Verfassungsänderung, zum anderen die Ortega-Gruppierung, die die Verfassungsänderung schon jetzt wie einen Wahlsieg feiert. Nun wären Demonstrationen an sich ja erstmal nichts schlimmes, im Gegenteil. Dass dieses sonst so träge Volk sich organisiert und für etwas eintritt muss man ja erstmal gutheißen. Allerdings wurde in den Medien die ganze Woche über Propaganda, ja eigentlich eine regelrechte Hetzkampagne der Gruppierungen gegeneinander geführt. Es wird daher mit nicht unerheblichen Gewaltausschreitungen gerechnet...
Ich glaube, dass die Welt sich noch mal ändern wird
und dann Gut über Böse siegt,
dass irgendjemand uns auf unseren Wegen lenkt
und unser Schicksal in die Hände nimmt.
Ja, ich glaube an die Ewigkeit
und dass jeder jedem mal vergibt.
Alle werden wieder voreinander gleich,
jeder kriegt, was er verdient.

Ich glaube, dass die Welt einmal in Frieden lebt
und es wahre Freundschaft gibt.
Und der Planet der Liebe wird die Erde sein
und die Sonne wird sich um uns drehn.

Am Donnerstag war es soweit! Die "Toten Hosen" in Managua, und das für 100C$, was ziemlich genau 3,50€ entspricht. Das Konzert mit zwei einheimischen Vorbands fand Open Air zwischen Einkaufszentrum und Hotel statt, 5000 Leute sollten dorthin passen. Da waren maximal 2500 würde ich schätzen, was natürlich super war, da man entspannt das Konzert genießen konnte und vor allem auch - wann man wollte - direkt an die Bühne oder wieder nach hinten gelangen konnte.
Fast zwei Stunden standen Campino & Co auf der Bühne und gaben alles. Meine Schüler waren jedenfalls total begeistert.
Noch besser wurde es, als alles vorbei war. Drei deutlich betrunkene Kollegen standen plötzlich auf der Bühne und verschwanden im Backstage-Bereich. Dort plauderten sie mit der Band, bekamen Bier und Pizza und folgten den Jungs sogar bis ins Hotel, wo sie in der Lobby warteten, bis der erste geduscht wieder nach unten kam. Nach und nach trudelten dann alle wieder ein, und dann ging es zur Party ins "Chaman" - eine pyramidenförmige Disco hier.
Dort waren wir anderen schon vorher angekommen. Ich ärgerte mich ein wenig, dass ich nicht auch in den Backstagebereich vorgedrungen war, aber ich musste mich an meine Fahrerin halten, die nicht wollte. Naja, immerhin klopfte ich dann Campino & Co auf die Schulter, sagte der Auftritt wär super gewesen, sie bedankten sich und tranken dann draußen Bier. Wir saßen maximal 5m davon entfernt und die Mädels setzten sich im Wechsel neben die Bandmitglieder und unterhielten sich. Das war sehr nett, wie ihr euch sicher vorstellen könnt.
So - endlich mal wieder Neid geerntet - oder???

Alles wird vorübergehen

Manchmal läuft es wie im Märchen,
wo's immer gut ausgeht,
wo alles eine Fügung hat
und man von Schicksal spricht.

Und weil du gerade glücklich bist,
glaubst du ans Happy End.



Impressionen vom Konzert findet ihr hier:
http://www.youtube.com/watch?v=XkLYjShA5cY
Dankbarerweise zur Verfügung gestellt von "La Prensa Nicaragua", unserer UNABHÄNGIGEN Zeitung.

Und hier auf Deutsch - so sah Campino das Ganze:

Quelle:
http://www.zeit.de/newsticker/2009/11/23/iptc-bdt-20091123-22-23073158xml

Campino: Nicht unterwegs, um die Welt zu erobern

Mexiko-Stadt (dpa) - Die deutsche Rockband Die Toten Hosen tourt seit fünf Wochen durch Lateinamerika. Konzerte in Argentinien, Venezuela, Kolumbien, Panama, Costa Rica, Nicaragua und in Mexiko standen auf dem Terminplan. Sänger Campino (47) zieht in einem dpa- Interview Bilanz.

Was hat Sie angetrieben, diese Gewalttour durch so viele Länder Lateinamerikas zu machen?

Campino: «Es ist immer Bestandteil unserer Philosophie gewesen, dass wir uns als Kollektiv der Begegnung verstehen und dass wir einmal in jedem Land der Welt gewesen sein wollen. ... Man sollte das nicht missverstehen: Wir sind nicht unterwegs, um die Welt zu erobern. Dazu muss man jung und naiv sein und Anfang 20. Was wir hier machen, dass ist die pure Lust aufs Abenteuer und Sachen außerhalb der Routine zu erleben. Wir wollen unter Bedingungen spielen, die bei uns zu Hause nicht mehr infrage kommen. Aber wir wollen auch Land und Leute kennenlernen.»
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Dazu hatten Sie ausreichend Gelegenheit?

Campino: «Ich sehe diese Reise als Gesamteindruck. Wir haben jeden Tag unter komplett anderen Bedingungen gespielt. Manchmal war es total chaotisch. Manchmal war es genial organisiert. In Nicaragua war es fantastisch. In Bogotá (Kolumbien) war es fantastisch. In Mexiko ist es wohl wieder chaotisch. Aber das mindert den Spaß nicht. Wer nach Lateinamerika kommt, der muss die Umstände kennen. ... Für uns ist Argentinien immer noch etwas Besonderes. Es ist vielleicht das Land mit den härtesten Fans überhaupt. Da spielen wir vor 25 000 Leuten. Das ist eine andere Nummer.»

Ist es denn möglich, so viele unterschiedliche Länder zu begreifen, wenn man immer nur kurz da ist und dazu vor allem auf der Bühne steht?

Campino: «Komischerweise reichen ein bis zwei Tage, um zu spüren, ob die Leute Angst im Nacken haben, oder ob sie entspannt sind. Das reicht, um zu sagen: Ich muss wiederkommen. In Nicaragua war ganz klar das Gefühl, wir müssen wieder hierher. Und in Kolumbien auch. Da ist es von den Manschen her unglaublich entspannt. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass man in den Zeitungen immer nur von politischen Schwierigkeiten hört und über Bürgerkriege liest. Und dann kommt man dahin und erlebt dieses Land völlig anders. Völlig ruhig. In Caracas (Venezuela) dagegen spürst Du Angst bei den Leuten. Sie sagen im letzten Satz immer: Du musst vorsichtig sein.»

Interview: Franz Smets, dpa

Sonntag, 15. November 2009

Wie 5 Sekunden ein Leben verändern könn(t)en...

23 Tage vor meinem Rückflug möchte ich einmal mit etwas politischem starten: Das oberste Gericht setztz sich aus jeweils sechs Richtern der zwei großen Parteien zusammen. Nun haben die sechs Richter der einen Partei in Abwesenheit der anderen Fraktion beschlossen, dass die Verfassung geändert wird. Wie das geht, fragt mich nicht! Was geändert werden soll? Daniel Ortega kann eigentlich nicht noch einmal in den Präsidentschaftswahlen antreten, jetzt aber schon! Seltsames Land....dachte wahrscheinlich auch ein Mitglied einer internationalen Beobachtergruppe, die letztens hier war. Als er seine Kritik öffentlich anbrachte wurde er beschimpft. Alle hielten ihn für einen Deutschen, als er klarstellte, dass er Niederländer sei, musste er sich vom nicaraguanischen Außenminister anhören, dass sei noch viel schlimmer, schließlich seien die Niederlande ein "beschissenes Land". Und das, obwohl die Niederländer hier einer der größten Geldgeber sind. 23 Tage noch.

Eigentlich ist nichts passiert, keine konkreten Jobaussichten in Deutschland, Auto noch nicht verkauft, noch immer keine Meldung vom BVA bei mir. Seltsam.

Letzten Sonntag hat Matthias mich mal zu seiner HASH-Gruppe mitgenommen. Keine Bange, unsere Schule ist drogenfrei - glauben zumindest die Schüler.
HASH ist aber etwas anderes. Mittlerweile gibt es weltweit HASH-Gruppen, die sich zum Laufen treffen. Zurückzuführen ist die Idee auf gelangweilte britische Offiziere, die 1931 in Myanmar stationiert waren (so meine Rechercheergebnisse). Der Ablauf ist hier folgender: Man trifft sich, läuft eine vorher markierte Strecke ab, hinterher ggf. Pool und dann gibt es ein Essen und Getränke. Mir hat es Spaß gemacht und man läuft in Gegenden, in die man sich vermutlich alleine nicht trauen würde. Außerdem ist das Laufen wie eine Schnitzeljagd organisiert, denn die Markierungen der Strecke sind nicht immer ganz eindeutig und es gibt auch falsche Fährten. Leider ist der nächste HASH erst nächste Woche. Nachdem wir dies mal bei einem amerikanischen Pärchen waren, geht es nächstes Mal zu einem Deutschen. Die Ecke soll nicht ganz ungefährlich sein, deshalb müssen wir Einbruch der Dunkelheit fertig sein.
Übertrieben, denkt ihr?
FALSCH!
Wir hatten ein unschönes Erlebnis am letzten Montag, als wir eigentlich zu einem Klassikkonzert im Nationaltheater wollten. Wir standen an einer Ampel im Stau, als plötzlich aus dem Schatten der Bäume ein Mann auf mich zukam. Intuitiv drehte ich mein Fenster hoch, weil mich Bettler und Verkäufer immer nerven und bei meiner Haarfarbe ja auch nicht lockerlassen. Keine 5 Sekunden zu früh war das Fenster oben. Der Mann drehte kurz ab, sprang ans Auto vor uns, zog eine Knarre und hielt sie dem Fahrer an den Kopf. Ihr glaubt nicht, wie panisch ich versucht hab, irgendeinen Gang einzulegen, hat aber nicht geklappt. Aber ich stand ja ohnehin inmitten anderer Autos und hätte gar nicht wegfahren können. Zum Glück hatte der Fahrer vor uns etwas und der Räuber zog ab. Blitzschnell ging alles. Wir fuhren nicht zum Konzert, sondern nach Hause. So richtig realisert, welches Glück wir da hatten, habe ich erst mitten in der Nacht. 23 Tage noch!

Dienstag, 3. November 2009

Tote Hose

Dies wird wohl hauptsächlich ein Anti-Langeweile-Eintrag. Wer nicht alles lesen will, sollte aber zumindest den Link am Ende anklicken!

Die alltägliche Arbeit mach ich mittlerweile in Windeseile, denn die Schülerinnen und Schüler können ja fast nur Frontalunterricht und am besten finden sie Buchstunden, in denen am Ende der Lehrer was an die Tafel schreibt, das sie abschreiben können. Aber Vorsicht! Bloß keine Aufgaben á la "und begründe deine Meinung!" "Herr Bornemann, ich kann das nicht, wo steht denn das, ich find das nicht im Buch...eigene Meinung?"

Kein Kommentar.

Mein persönlicher Aufreger der Woche:
Im Genetikunterricht der zehnten Klasse sage ich irendwas über die Wichtigkeit der Neukombination der Gene, dass deshalb man ja auch nicht seine Schwester heiraten darf. Ich denke, ihr ahnt es schon: Die haben toternst behauptet in der politischen Verfassung des Landes stünde, Geschwister dürften heiraten und man dürfe auch seine Eltern heiraten. Ok, das auf unser Schule mindestens ein Kind ist, dessen Vater auch sein Opa ist, das wusste ich. Dass das aber erlaubt sein soll...??

Kein Kommentar.

Am Wochenende hat unser Schulleiter schon mal seinen Abschied gefeiert, eingeladen war das gesamte Schulpersonal, naja, nicht alle, aber alle in gehobenen Positionen, also Pädagogen und Verwaltung. Das Fest war typisch nicaraguanisch, d.h. schrecklich laute Musik und das ganze im klimatisierten Raum. Es gab die auch in Deutschland üblichen Aufführungen der Gäste - wir sangen ein selbstgedichtetes Lied, dazu gab es viele Tänze - sehr interessant alles!
Um sieben startete das Event, um 20:30 wurde ein riesiger Vorspeisenteller auf jeden Tisch gestellt, wo alles drauf lag, was frittierbar ist. Danach folgten besagte Aufführungen und es wurde z.T. wild getanzt. Erst gegen 22:30 gab es dann das Essen, denn in Nicaragua ist das Essen der Abschluss eines Festes. Herr Rammler musste für das Essen jedem Gast eine Essensmarke geben, dafür bekam man dann einen Teller mit dem Gericht und natürlich eine Coca-Cola dazu, aber erst nachdem der Teller fotografiert wurde. Am Folgetag musste sich dann jemand 200 mal das gleiche Bild anschauen, um eventuellen Schlampereien bei der Zusammenstellung auf die Schliche zu kommen. Mir hat das Essen sehr gut geschmeckt, es gab Salat mit Reis, einem Geflügelspieß und einer Rindsroulade. Salat ist immer so eine Sache, denn die Salatblätter werden hier immer als ganzes auf den Teller gelegt, das macht das Verspeisen etwas schwierig. Manche wollten dieses Problem wohl nicht öffentlich lösen, sie ließen sich ihr Menü einfach einpacken - natürlich in eine Styroporpackung. Herrlich! Dann ging Herr Rammler nochmal rum und verteilte Essensmarken, diesmal für den Nachtisch. Den holte man sich dann an der Bar ab - es war ein total überzuckertes und fettiges Etwas in einer Plastikpackung.

Auch hier - kein Kommentar!

Vertrösten muss ich euch bzgl. meiner Chemie-Recherchen. Da bin ich noch nicht so weit, dass ich die vermutlich brisanten Ergebnisse veröffentlichen könnte. Also geduldet euch, sofern ihr nich in dieser Woche schon eine Email von mir bekommen habt.

Ein Bild gibt es natürlich heute auch: Es ist von der Kermess, dem jährlichen Schulfest, an dem einige Besucher schon früh morgens erstaunlich viel Alkohol konsumiert hatten und es abends dann noch zu "anzüglichen" Vorkommnissen in der Disko kam. Nachmittags war ein Volleyballturnier, bei dem ich mit ein paar Kollegen unsere 11. Klasse unterstützt habe - ohne Erfolg.



Am Ende möchte ich einen kleinen Bezug zum heutigen Titel herstellen. Checkt mal den folgenden Link und genießt dieses Beispiel von den hiesigen Organisationskünsten:

http://www.dietotenhosen.de/neuigkeiten-news-live2009.php

Das darf doch wohl echt nicht wahr sein, oder? Es ist nicht so, dass das nun ein spontanes Konzert wird. Allein ich weiß das nun seit Ende August! Da kann es doch nicht so schwer sein, endlich mal eine Location zu finden. Ich befürchte, dass das Konzert kurzfristig abgesagt werden muss, weil es niemand schafft, sich festzulegen, wo es stattfinden soll.

So - das war es für heute. 5 Wochen noch, dann ist Schluss hier.

Alles Gute aus Nicaragua!

Karsten

PS: Tote Hose auch was meine Zukunft angeht - nix geklärt bisher.

Dienstag, 27. Oktober 2009

100 Tage Nicaragua


Hallihallo und herzlich willkommen!

Es gibt nichts Erwähnenswertes zu berichten. Am Samstag waren wir an der Laguna de Apollo, gute 60min von hier. Die sollte nach Aussagen von Kollegen einfach nur wunderbar sein. Vermutlich lag's daran, dass ich immer noch nicht kiffe und mein Alkoholkonsum eher abgenommen hat - ich jedenfalls war von der Lagune wenig begeistert. Der Tag war nett, die Luft war sauber und es war ruhig, aber die Lagune selber hatte deutlich weniger Charme als jeder deutsche Baggersee oder auch das Steinhuder Meer. Das Wasser war pisswarm, von Algen stark getrübt und mit Müll jeglicher Art durchsetzt. Einfach nur wunderbar...vielleicht relativ betrachtet ja doch?
Aber ich will nicht alles schlecht machen, ich habe ja auch einige tolle Sachen in meinen ersten 100 Tagen erlebt: Vulkan ganz nah, Fledermaushöhle, Schildkröteninvasion, Skorpion und Vogelspinne getötet (Notwehr), noch immer weder Malaria noch Dengue-Fieber (ist grad in der Schule ganz verbreitet) und auch keine Schweinegrippe, mehr Bohnen und Reis als in meinem bisherigen Leben, fast jeden Tag mindestens 1xPool, seit 4 Wochen mehrmals pro Woche Tennis, günstiges Essen in der Schule, täglich kostenloses "Osterfeuer" am Straßenrand, die theoretische Möglichkeit Chemikalien einzusetzen, die in Deutschland verboten sind, kontinuierliche Exposition chemischer Dämpfe mit (noch) unbekannter Wirkung, natürliche und kostenlose Sauna in meinem Haus, 100 Tage fast ohne selber zu waschen, Karibikerfahrung, Pazifikstrände, 13 Wochen Karneval im Klassenraum, wenige Momente auf einem Surfboard (liegend bis hockend), viele interessante Tiere und noch vieles mehr!

Heute abend werd ich mich mit einem Dosenbier auf den Balkon setzen und ein wenig resümieren - schade, dass es schon um 17:30 dunkel wird. Aber mittlerweile müssten wir damit länger Licht haben als ihr, oder?

Bis zum nächsten Mal - dann vielleicht mit Berichten über die Verabschiedung unseres Schulleiters und über meinen Kampf gegen die Chemikaliensammlung, der ich tagtäglich ausgesetzt bin. Vielleicht gibt es auch was Außerschulisches!
Karsten

Sonntag, 18. Oktober 2009

Endlich mal wieder - ab in den Zoo!


Ich heiße Sie herzlich willkommen im Zoo Managua!


Mit 15C$ (Cordobas), also ungefähr 50 Cent, war der Eintrittspreis recht erträglich, ich hatte mit mehr gerechnet, da ich mir nicht vorstellen kann, dass es in diesem Land staatliche Unterstützung für den Zoo gibt. Spenden konnte man auch nirgendwo. Die Tiere waren aber alle wohlgenährt und sahen auch eigentlich ganz gut aus. Traurig nur, dass es von vielen Tieren nur eins gibt, wie z.B. Pavian, Tiger oder dieser Schimpanse. Trotzdem muss ich sagen, dass ich es mir schlimmer vorgestellt hatte. Manche Gehege waren wirklich annähernd natürlich und ansatzweise bedarfsgerecht gestaltet. Ein paar Eindrücke möchte ich euch hier geben:


Dieser Leopard war die einzige Raubkatze, die überhaupt irgendein Verhalten zeigte. Baumstammkratzen und Urinieren - wollte wohl seine Partnerin beeindrucken. Das Gehege immerhin nach oben erweitert - trotzdem nix wirklich Dolles!


Löwen gab es vier, ein Paar und zwei Löwinnen. Beide Käfige waren ca. 5x5m groß, ein Baumstamm lag drin und eine Kuhle war in den Betonboden eingelassen. Gitterstäbe so weit auseinander, dass ich problemlos meine Hand mit Kamera durchstecken konnte. Daumen runter!


Auf der Tapiranlage lebten drei Tiere, inmitten von Bäumen, Sträuchern und Wasserstellen. Daumen hoch!


Ich glaub, das sollen Pumas sein. Das Gehege - Psychatriegeeignet, da absolut Impulsfrei. Daumen ab!


Hier war ich mir jetzt nicht sicher, ob Krokodile und Schildkröten wirklich friedlich miteinander im Becken leben, oder ob bewusst so viele Schildkröten im Wasser sind, damit nicht auffällt, wenn mal welche im Krokodilmaul verschwinden.


Seltsam - ein kleines Stück Hannover. Viel Bambus, damit der Besucher immer vom Grün umgeben ist, auch im Winter...


Wieso kann der Zoo Mülltrennung praktizieren, die Deutsche Schule aber nicht? Das macht mich ärgerlich!


In diesen "Volieren" wurden diverse Vögel gehalten - Papageien, Geier, Eulen.


Anders als in Hannover, aber auch süß! Einer von drei Nicaragua-Nasenbären.


Sicherheit? - Klaro, schließlich liegt doch die Dachpappe auf dem Terrarium mit der Schlange! Sicher nicht die einzige Möglichkeit, hier zu sterben.

Nach einer knappen Stunde war unser Zoobesuch auch wieder vorbei. Man schaut halt nicht so lang, wenn die Tiere nur rumliegen. Fazit: Besser als erwartet, trotzdem traurig. Bleibt die Frage nach dem pädagogischen Wert - besser als nichts? Kinder haben in dieser Stadt nicht besonders viele andere Möglichkeiten der Freizeitbeschäftigung, bevor sie das Paintball-Alter erreichen. Berücksichtigt man dann noch, wie deutsche Zoos vor wenigen Jahren noch aussahen, dann sollte man dem Zoo Managua seine Daseinsberechtigung auch nicht absprechen. Wie gesagt - schade, dass man nirgendwo spenden konnte.