Wir fuhren durch dunkle Seitenstraßen, hielten an, gingen an eine „Kneipe“ am Straßenrand – und sofort waren wir im Fokus unzähliger Männer, die murmelten und uns Dinge zuriefen. Aber es gab kein Bier. Puhhh…so waren wir nach 2 Minuten wieder weg und fuhren in eine „sicherere“ Gegend. Dort war es ganz nett, allerdings kamen dauernd Leute an und schüttelten uns die Hände, boten uns Dinge an und erzählten uns Geschichten. Einer fragte uns, ob wir Tschetschenen seien. Ich verstand es erst nicht, aber Matthias berichtete, dass die UN das Land Nicaragua als Diktatur eingestuft hatte. Nur 12 Länder hatten sich dagegen ausgesprochen, unter anderem auch Russland…daher wohl der Bezug der Nicas zu Tschetschenien. Naja, trotz intensiver Beobachtung (Kommentar Matthias: “Karsten, hier sind wir die Neger!“) war es ganz nett und ich ging zufrieden ins Bett.
Am nächsten Morgen ging es mit einer achten Klasse auf Klassenfahrt nach Ometepe, der weltweit größten vulkanischen Insel in einem Süßwassersee. Es gibt dort zwei Vulkane, Conception und Maderas. Der Conception ist 1610m hoch und brach 2005 zum letzten Mal aus. Ometepe liegt im Nicaraguasee, dem größten See Mittelamerikas und dem zehntgrößten Süßwassersee weltweit. Es gibt hier Sägefische und sogar die einzigen Süßwasserhaie weltweit - vermutlich weil der See vor langer Zeit bei einem Vulkanausbruch vom Pazifik abgeschnitten wurde.

Um es kurz zu machen: Am ersten Tag war ich genervt, weil meine Kollegin, die die Fahrt organisiert hatte, 5 Minuten nach dem vereinbarten Abfahrtstermin erst in der Schule ankam, weil sie ihre Nichte noch eingeladen hatte und wir somit zu wenig Platz im Bus hatten, weil ich mir mit einem Vater und seiner kleinen Tochter ein Zimmer teilen musste, weil unser Zimmer das schlechteste war, weil meine Kollegin erst meine Gründe für die Kündigung hören wollte und diese dann abwiegelte, weil ich bei der Planung der Fahrt absolut außen vor gelassen worden war und somit von nichts Ahnung hatte und weil ich vor allem keine Lust auf die Klasse hatte, da ich nur acht der Schülerinnen und Schüler im Deutschunterricht habe, die anderen kannte ich nicht. Zwar gab es keine Chantals und Jaquelines, dafür aber Naomi, Camille und America – auch nicht gerade einfach zu händeln. Aber ich merkte schnell, dass diese Fahrt deutlich entspannter werden sollte, als meine deutschen Klassenfahrten. Das heißt nicht, dass ich sie schöner fand als meine Norderney-Fahrten mit dem EKG Lemgo!
Wir ließen die Schüler unbeaufsichtigt schwimmen, sie hatten Handys, Nintendos und MP3-Player dabei, somit waren sie viel beschäftigt. Auch die in Deutschland übliche Verwunderung blieb hier aus. Dass die Kinder schon um 6:15 morgens Cola trinken und Chips essen kann mich nicht mehr schocken, schließlich wusste ich von meinen Frühaufsichten, dass sie das meist schon machen, wenn sie aus dem Schulbus steigen.
Auch nachts kümmerten wir uns nicht um die Schüler – erste Nacht 21:30, zweite 22:20 im Bett – alles unvorstellbar bei einer Klassenfahrt in Deutschland!!!

Nachdem es am ersten Tag nur noch einen kurzen Spaziergang gab, machten wir uns am nächsten Morgen mit dem Kleinbus auf Tour. Allerdings eine Stunde später als geplant, da die Frühstückszeit nach der geplanten Abfahrtszeit lag. Typisch.
Wir fuhren fast zwei Stunden mit dem Bus, um dann in den nächsten fünf Stunden eine Wanderung zu einem Wasserfall und zurück zu machen – eine wirklich anspruchsvolle Wanderung über Bäche, Felsen und Baumstämme. Mir hat es sehr gut gefallen und ich muss ausdrücklich an dieser Stelle die Schüler loben, denn alle schafften den Weg nach oben und auch auf dem Rückweg gab es außer einer Kreislaufschwäche keine größeren Schäden.

Wir legten auf dem Rückweg noch einen Zwischenstopp am „Ojo de Agua“ ein, einer Quelle inmitten eines Waldes. Mein Zimmerkollege meinte: „Ist das nicht wunderschön, Herr Bornemann?“ Kurz überlegen: Schwimmbadgröße, einbetoniert, mit Rohren durchzogen, Boden mit Folie ausgelegt…ähh…naja…ich bin da vielleicht durch meine Ungarnexkursion ein wenig verwöhnt…
Vater: „Nee, können sie ruhig sagen, das ist doch mal wieder nix hier. Das darf man nur den Nicas nicht sagen, sonst sind die beleidigt…“ Mehr dazu mal später.
Am dritten Tag war bis elf Uhr Freizeit, danach ging es für 10 Minuten (!) in ein Museum, wo Geld der letzten Jahrzehnte sowie Tongefäße der letzten Jahrhunderte ausgestellt waren. Naja, 10 Minuten reichten auch, und die Fähre erreichten wir auch nur so gerade.
Insgesamt muss ich aber sagen, dass es weniger schlimm als befürchtet war. Und so war immerhin mal auf Ometepe – wer von euch kann das schon von sich behaupten???

Das war wohl der zweitletzte Eintrag. Drückt mir die Daumen, dass ich im letzten doch noch von meinem verkauften Auto berichten kann – bisher sieht es nicht gut aus. Des Weiteren hoffe ich, ihr habt eine stimmungsvollere Adventszeit als ich. Hier gibt es kitschigen Schmuck in Unmengen, z.B. 4 Rentiere bei uns am Tor, Lichterketten entlang der Dächer und natürlich ganz viel Plastiktanne. Irgendwie total deplatziert. Warum muss das so sein, warum wird alles aus den USA übernommen? Können die nicht ihre eigenen Traditionen leben, oder zumindest welche, die in ihr Klima passen???
5 Tage noch.
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