
17 Tage Nicaragua noch, aber ihr wisst ja, wie das ist. Je näher das Ziel kommt, desto langsamer scheint die Zeit zu vergehen. Wenn ich mein Auto schon verkauft hätte, würde ich am liebsten sofort fahren. Warum?
Das Auswärtige Amt hat Mitte der Woche eine Email mit einer Warnung verschickt, da sich die Sicherheitslage in Managua gerade verschärft - passt ja zu meinem Erlebnis der letzten Woche. Viele Leute werden an diesem Wochenende ihr Haus nicht verlassen, auch dafür gibt es gute Gründe: Ihr erinnert euch an die beschriebene Verfassungsänderung? Heute finden in der "Stadt" zwei Demonstrationen statt. Zum einen demonstriert die eine Gruppe gegen die unrechtmäßige Verfassungsänderung, zum anderen die Ortega-Gruppierung, die die Verfassungsänderung schon jetzt wie einen Wahlsieg feiert. Nun wären Demonstrationen an sich ja erstmal nichts schlimmes, im Gegenteil. Dass dieses sonst so träge Volk sich organisiert und für etwas eintritt muss man ja erstmal gutheißen. Allerdings wurde in den Medien die ganze Woche über Propaganda, ja eigentlich eine regelrechte Hetzkampagne der Gruppierungen gegeneinander geführt. Es wird daher mit nicht unerheblichen Gewaltausschreitungen gerechnet...
Ich glaube, dass die Welt sich noch mal ändern wird
und dann Gut über Böse siegt,
dass irgendjemand uns auf unseren Wegen lenkt
und unser Schicksal in die Hände nimmt.
Ja, ich glaube an die Ewigkeit
und dass jeder jedem mal vergibt.
Alle werden wieder voreinander gleich,
jeder kriegt, was er verdient.
Ich glaube, dass die Welt einmal in Frieden lebt
und es wahre Freundschaft gibt.
Und der Planet der Liebe wird die Erde sein
und die Sonne wird sich um uns drehn.
Am Donnerstag war es soweit! Die "Toten Hosen" in Managua, und das für 100C$, was ziemlich genau 3,50€ entspricht. Das Konzert mit zwei einheimischen Vorbands fand Open Air zwischen Einkaufszentrum und Hotel statt, 5000 Leute sollten dorthin passen. Da waren maximal 2500 würde ich schätzen, was natürlich super war, da man entspannt das Konzert genießen konnte und vor allem auch - wann man wollte - direkt an die Bühne oder wieder nach hinten gelangen konnte.
Fast zwei Stunden standen Campino & Co auf der Bühne und gaben alles. Meine Schüler waren jedenfalls total begeistert.
Noch besser wurde es, als alles vorbei war. Drei deutlich betrunkene Kollegen standen plötzlich auf der Bühne und verschwanden im Backstage-Bereich. Dort plauderten sie mit der Band, bekamen Bier und Pizza und folgten den Jungs sogar bis ins Hotel, wo sie in der Lobby warteten, bis der erste geduscht wieder nach unten kam. Nach und nach trudelten dann alle wieder ein, und dann ging es zur Party ins "Chaman" - eine pyramidenförmige Disco hier.
Dort waren wir anderen schon vorher angekommen. Ich ärgerte mich ein wenig, dass ich nicht auch in den Backstagebereich vorgedrungen war, aber ich musste mich an meine Fahrerin halten, die nicht wollte. Naja, immerhin klopfte ich dann Campino & Co auf die Schulter, sagte der Auftritt wär super gewesen, sie bedankten sich und tranken dann draußen Bier. Wir saßen maximal 5m davon entfernt und die Mädels setzten sich im Wechsel neben die Bandmitglieder und unterhielten sich. Das war sehr nett, wie ihr euch sicher vorstellen könnt.
So - endlich mal wieder Neid geerntet - oder???
Alles wird vorübergehen
Manchmal läuft es wie im Märchen,
wo's immer gut ausgeht,
wo alles eine Fügung hat
und man von Schicksal spricht.
Und weil du gerade glücklich bist,
glaubst du ans Happy End.
Impressionen vom Konzert findet ihr hier:
http://www.youtube.com/watch?v=XkLYjShA5cY
Dankbarerweise zur Verfügung gestellt von "La Prensa Nicaragua", unserer UNABHÄNGIGEN Zeitung.
Und hier auf Deutsch - so sah Campino das Ganze:
Quelle:
http://www.zeit.de/newsticker/2009/11/23/iptc-bdt-20091123-22-23073158xml
Campino: Nicht unterwegs, um die Welt zu erobern
Mexiko-Stadt (dpa) - Die deutsche Rockband Die Toten Hosen tourt seit fünf Wochen durch Lateinamerika. Konzerte in Argentinien, Venezuela, Kolumbien, Panama, Costa Rica, Nicaragua und in Mexiko standen auf dem Terminplan. Sänger Campino (47) zieht in einem dpa- Interview Bilanz.
Was hat Sie angetrieben, diese Gewalttour durch so viele Länder Lateinamerikas zu machen?
Campino: «Es ist immer Bestandteil unserer Philosophie gewesen, dass wir uns als Kollektiv der Begegnung verstehen und dass wir einmal in jedem Land der Welt gewesen sein wollen. ... Man sollte das nicht missverstehen: Wir sind nicht unterwegs, um die Welt zu erobern. Dazu muss man jung und naiv sein und Anfang 20. Was wir hier machen, dass ist die pure Lust aufs Abenteuer und Sachen außerhalb der Routine zu erleben. Wir wollen unter Bedingungen spielen, die bei uns zu Hause nicht mehr infrage kommen. Aber wir wollen auch Land und Leute kennenlernen.»
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Dazu hatten Sie ausreichend Gelegenheit?
Campino: «Ich sehe diese Reise als Gesamteindruck. Wir haben jeden Tag unter komplett anderen Bedingungen gespielt. Manchmal war es total chaotisch. Manchmal war es genial organisiert. In Nicaragua war es fantastisch. In Bogotá (Kolumbien) war es fantastisch. In Mexiko ist es wohl wieder chaotisch. Aber das mindert den Spaß nicht. Wer nach Lateinamerika kommt, der muss die Umstände kennen. ... Für uns ist Argentinien immer noch etwas Besonderes. Es ist vielleicht das Land mit den härtesten Fans überhaupt. Da spielen wir vor 25 000 Leuten. Das ist eine andere Nummer.»
Ist es denn möglich, so viele unterschiedliche Länder zu begreifen, wenn man immer nur kurz da ist und dazu vor allem auf der Bühne steht?
Campino: «Komischerweise reichen ein bis zwei Tage, um zu spüren, ob die Leute Angst im Nacken haben, oder ob sie entspannt sind. Das reicht, um zu sagen: Ich muss wiederkommen. In Nicaragua war ganz klar das Gefühl, wir müssen wieder hierher. Und in Kolumbien auch. Da ist es von den Manschen her unglaublich entspannt. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass man in den Zeitungen immer nur von politischen Schwierigkeiten hört und über Bürgerkriege liest. Und dann kommt man dahin und erlebt dieses Land völlig anders. Völlig ruhig. In Caracas (Venezuela) dagegen spürst Du Angst bei den Leuten. Sie sagen im letzten Satz immer: Du musst vorsichtig sein.»
Interview: Franz Smets, dpa