Samstag, 26. September 2009

Fort-Bildung!

Ein Highlight jagt das andere. Kaum zu Hause, ging es zur Fortbildung nach Costa Rica. Wir reisten zu dritt schon Samstag an, sodass wir zwei Tage in San José hatten. Ich war überrascht, welche Unterschiede 37 Minuten Flugzeit ausmachen können. Costa Rica ist absolut anders als Nicaragua – Europa statt Entwicklungsland. Ich hab mich so wohl gefühlt! Wir gingen zu Fuß über Straßen, auch nachts, schlenderten durch die Fußgängerzone, aßen Eis, kauften beim Bäcker ein, saßen im Park, waren in Buchhandlungen, fuhren mit öffentlichen Bussen, haben uns die Uni angeschaut, tranken Fassbier aus Maßkrügen…ich hör besser auf. Es war herrlich. Aber auch in Costa Rica hätt ich fast geheult, nämlich als ich die Deutsche Schule dort sah und dann auch noch die Biologiesammlung anschauen durfte. Wirklich besser als in mancher deutschen Schule, also auch kein Vergleich zu meinen Arbeitsverhältnissen. Aber das interessiert ja wieder nur die wenigsten. Am tollsten war eigentlich das Klima. Da San José auf etwa 1.200m Höhe liegt, war es hier nachts unter zwanzig Grad und auch tagsüber nicht so fürchterlich heiß wie bei uns. Am Mittwochabend ging es dann ganz wehmütig zurück nach Managua, wo mir direkt wieder von der dreckigen Luft die Augen tränten. Und nun sitz ich hier im Lehrerzimmer und lausche den Flötentönen von "Stille Nacht, heilige Nacht" sowie "Jingle Bells". Warum nicht, in Costa Rica gab es auch schon überdimensionale Plüschweihnachtsmänner und Plastiktannenbäume zu kaufen.
Gleich beginnen die Ferien und übermorgen zieht es mich schon wieder nach Costa Rica, wir werden nämlich zu viert die Ferien in Costa Rica verbringen, irgendwo am Karibikstrand. Ich werde also eine Woche nicht erreichbar sein, macht euch keine Sorgen. Ich erwarte dann nächste Woche Unmengen von Neid-Mails und Neid-Anrufen auf meiner Skype-Sprachbox, die bisher seltsamerweise recht selten genutzt wird!
Hasta luego!

Abenteuer Wildnis - Chacocente

Ich versuche mich einfach kurz zu fassen und stelle stattdessen ein paar Fotos und zwei Videos ein, denn die Erlebnisse vom 12. bis 15. September sind eigentlich unbeschreiblich.

Nach eine gefühlten Camel-Trophy-Anfahrt durch Flüsse, Täler, tiefsten Dschungel und absolute Wildnis kamen wir auf Umwegen nach etwa 4 Stunden Fahrt am Strand von Chacocente an. Wir wohnten auf dem ehemaligen Gelände von MARENA, der staatlichen Naturschutzorganisation. Der Pazifikstrand liegt nur 200m von der Finca entfernt, die das einzige Gebäude innerhalb von 3km ist. Unser Ziel war, eine Massenankunft der Paslamas (Olive Bastardschildkröte) mitzuerleben.

Dreimal im Jahr kommen sie bei abnehmendem Mond an diesen Strand, um ihre Eier (bis zu 100 Stück) im Sand zu verbuddeln, die dann durch die Wärme des Sandes in knapp 50 Tagen ausgebrütet werden.

Natürlich waren die 4 Tage Pazifikurlaub (Wassertemperatur mindestens 25°C, ich habe meine ersten Surfversuche gemacht) auch so sehr entspannt und erholsam, aber das absolute Highlight dieses langen Wochenendes, ach meiner gesamten Zeit in Nicaragua, vielleicht sogar meines Lebens , war die Nacht von Montag auf Dienstag!!!

Nachdem wir in den vorigen Nächten schon vereinzelt nachts Schildkröten beobachtet hatten, trauten wir unseren Augen kaum. Wie riesige Perlenketten schoben sich die mächtigen Tiere (70cm, 40kg) aus dem Wasser, schnaufend und ächzend. Das war absolut beeindruckend! Wir waren sprachlos und genossen stundenlang, wie immer neue Schildkröten den Strand hochkrochen, mit ihren Flossen ein Loch buddelten, ihre Eier hineinlegten, mit den Flossen wieder Sand darauf schoben und dann durch abwechselndes Anheben und Fallenlassen ihres Panzers das Loch wieder sorgfältig verschlossen. Dies führte auch dazu, dass man den Strand ständig beben spürte.


Bis zur Rückkehr eines Tieres ins Wasser verging ungefähr eine Stunde und für die Tiere ist das echt anstrengend, was man ihnen erstens ansah und dann immer wieder durch ein Ächzen, Stöhnen oder Krächzen hören konnte. Es waren wirklich Massen, 1600 – wie wir später erfuhren, die in dieser Nacht ankamen. Man musste schon aufpassen, dass man nicht über eine stolperte. Unvorstellbar, dass es schon Nächte mit 10.000 angelandeten Schildkröten gegeben haben soll!!

Leider gab es nur 2 Naturschützer und 2 Soldaten, die den Strandabschnitt bewachten, aber unzählige Eierdiebe, die in den Büschen lauerten. Daher wurden wir kurzerhand zu Schildkrötenschützern umfunktioniert und hatten somit die Legitimation, mit unseren Taschenlampen zu leuchten, natürlich nur so, dass wir die ankommenden Tiere nicht verwirrten. Irgendwann um zwei sank ich glücklich in mein Bett, bzw. meinen Schlafsack im Zelt.

Nicht lange, denn um 5 Uhr in der früh weckte mich das Geschrei eines Brüllaffen, den ich nur allzu gern fotografiert hätte. Leider erwischte ich nur zwei Schildkröteneierdiebe, die sich aber mit ihrer Beute davonmachten. Der Frust blieb nur kurz, denn als ich mich am Waldrand umdrehte, sah ich in der Dämmerung, dass noch immer viele Schildkröten am Strand waren. Also rannten wir sofort dorthin und konnten bei aufgehender Sonne doch noch richtige Fotos und Videos von diesem beeindruckenden Erlebnis machen.


Es war so faszinierend und rührend, diese wunderbaren Tiere aus nächster Nähe beobachten zu können, dass mir erstens absolut die Sprache wegblieb und ich wirklich fast vor Freude geweint hätte. Ab jetzt ist mein Zweitname Heinz!


Dienstag, 8. September 2009

Lehrer haben vormittags Recht und nachmittags frei...

Dieser weise Satz stimmt natürlich auch hier in Nicaragua - niemand zweifelt morgens auch nur eine meiner Aussagen an und ab 13 Uhr mach ich - wie auch schon im Referendariat - gar nix mehr. Schönen Gruß an Gerd & Co.

Wie versprochen werde ich euch heute also mit Informationen zu meiner neuen Schule versorgen. Wem das nicht reicht, auch dazu gibt es wieder eine eigene Internetseite:

Wie so manches andere Gebäude in der Stadt sind auch alle Schulgebäude (bis auf eines) aufgrund der ständig präsenten Erdbebengefahr nur eingeschossig gebaut. Das letzte größere Erdbeben war hier übrigens letzte Woche. 5,2 auf der Richterskala, aber ich hab's verpennt!

Das heißt, ich wachte plötzlich mitten aus einer Tiefschlafphase auf, wusste aber nicht, was mich geweckt hatte...bis es mir die Schüler am nächsten Morgen erzählten. Tja, allzulange werd ich wohl nicht warten müssen, bis ich das nächste erlebe, schließlich liegt Nicaragua und selbst Managua mitten auf einer Plattengrenze. Eigentliche sind hier regelmäßig stärkere Beben, in letzter Zeit gab es aber kein größeres mehr, weshalb eigentlich alle hier auf ein richtig schlimmes Beben warten, wie es z.B. 1972 und 1931 jeweils geschah. Bei diesen beiden Beben wurde fast die gesamte Stadt zerstört und anschließend nicht mehr richtig aufgebaut, weshalb Managua heute den Ruf hat, keine richtige Stadt zu sein. Überschlagt ruhig mal, für wann man das nächste Großbeben erwarten könnte...aber zurück zur Schule.
Das schöne ist, dass sie sehr weitläufig ist, was den Vorteil hat, dass die Geräuschkulisse deutlich erträglicher ist, wenn man in den Pausen die Räume wechselt. Und das muss ich leider oft, denn ich habe fast nur Einzelstunden. Recht gut ins Bild passt auch unser Pool, oder was meint ihr?
Meine Schüler sind alle recht pflegeleicht, keine Besonderheiten dabei, außer dass sie natürlich mit der Sprache zu kämpfen haben, denn ich unterrichte Biologie nur auf deutsch. Mehr erspar ich euch, wer Lehrer ist, kann sich ja mal genauere Infos bei mir einholen. Was ich hier auf jeden Fall verbessern kann ist meine Stimme, denn die Räume haben eine ganz lausige Akkustik, so dass man trotz kleiner Schülergruppen doch enorm laut reden muss.
Ein Service der Schule ist der privat organisierte Busverkehr. Für ein monatliches Entgeld holt der Schulbus die Schüler direkt an der Haustür ab und bringt sie nach Schulschluss auch sicher wieder zurück. Kurioserweise geht das soweit, dass der Bus nach einem Stop gelegentlich nur ca. 15m fährt, bevor der nächste Schüler aussteigt. Viele werden aber auch von ihren Eltern abgeholt. Da stehen dann mittags Unmengen von Geländewagen und hupen wie verrückt vor sich hin, dazwischen ein paar Männer mit Trillerpfeifen, deren Aufgabe es ist, Ordnung in das Chaos zu bringen. Schon um das zu sehen, solltet ihr mich besuchen kommen!

Wie schon gesagt, komme ich mit meinen Schülern ganz gut zurecht, aber es gibt ja auch noch die Schüler, die ich nicht im Unterricht habe. Und da fällt es mir mit meinen immer noch bescheidenen Spanischkenntnissen doch leider bei der Pausenaufsicht recht schwer, den ganz kleinen zu erklärn, was sie alles bitte nicht anstellen sollen.
Und dann gibt es da noch "die Brieftäubchen", wie meine schadenfrohen Kolleginnen sie nennen. Eine Gruppe pubertierender, aber scheinbar ziemlich selbstbewusster Mädchen, die immer am Lehrerzimmer rumlungern und dann ab und zu mal wieder ein Briefchen abgeben. Kaum peinlich!Allgemein kann ich zur Schule noch sagen, dass es sehr angenehm ist, dass sie sehr klein ist, um die 560 Schüler, alle Jahrgänge zweizügig, Klassen zwischen 19 und 24 Schülern, in der IB-Klasse - die machen nach ihrem nationalen Abschluss noch den internationalen, damit sie in den USA oder Deutschland studieren dürfen - sogar nur acht!!!

Freut euch auf's nächste Mal, wenn ich u.a. meinen ersten Vulkan entdecke und von meiner Begegnung mit einem Schwarm Fledermäusen berichte!
PS: Diesmal kein Schmunzler, sondern etwas herrlich kurioses:
Wie klein die Welt doch ist! Der Mann einer Kollegin ist doch tatsächlich der Neffe der mitlerweile verstorbenen Haushälterin unseres Dorfpastors und hat daher viele Ferienwochen seiner Jugend im beschaulichen Milte verbracht. Und so sitzen zwei Deutsche plötzlich mitten in Nicaragua zusammen und reden über ein so winziges Dörflein wie Milte - herrlich!